Neusegnung des Zottenkirchls

Neusegnung des Zottenkirchls 

 

Am 21. Oktober war es soweit. Nach rund eineinhalb Jahren war endlich das kleine große Werk vollendet, von dem vor zwei Jahren wohl niemand zu träumen gewagt hätte.

Doch nach einem erfolgreichen Renovierungsbeginn mit dem neuen Schindeldach kurz vor dem „letzten“ Zotten-Kirchtag am 2. Juli 2011 ging es eigentlich Schlag auf Schlag: Entfernung des Bodens, archäologische Grabungen, Fundamentsicherung, Kernbohrung (= statische Sicherung des Mauerwerks) waren die Eckpfeiler im Kalenderjahr 2011. Nach einer langen Winterpause ging es im Frühjahr mit den Innenarbeiten weiter. Erst jetzt sollte sich zeigen, welchen Schatz St. Veit mit dieser Kapelle hat: Denn für alle völlig überraschend kamen bei den Vorbereitungen für die Neuausmalung bedeutende Reste der ursprünglichen Bemalung zutage. Das Prunkstück dieser Malereien ist zweifellos die Darstellung der drei Erzengel Gabriel, Michael und Raffael an der Emporenwand, die sachgemäß freigelegt und ergänzt wurden. In den letzten Wochen wurde schließlich der Plattenboden (nach altem Vorbild) verlegt, die Bänke überholt und die Einrichtung (Altäre, Statuen, Kreuz) aufgestellt. Nicht zu vergessen ist auch das Umfeld der Kapelle – angefangen vom Emporenaufgang, einer zierlichen Lärchen-Holzstiege bis zur Pflasterung vor dem Kirchl und den elektrischen Installationen.

Die Festvorbereitungen
In den Tagen und Stunden vor der Neusegnung konnte man vor Ort zahllose fleißige Hände sehen, die buchstäblich den letzten Schliff anlegten. Besonders die Nachbarschaft tat sich hervor, als es darum ging, das Kirchl in ein festliches Kleid zu hüllen: Alles wurde auf Hochglanz gebracht, Girlanden und Blumenschmuck verrieten schon den festlichen Moment. Inzwischen liefen auch die anderen Vorbereitungen auf Hochtouren: Unzählige Einladungen wurden verschickt, die mediale Öffentlichkeit informiert und die liturgische Feier vorbereitet – und nicht zu vergessen: die Krapfen und die anderen Köstlichkeiten, die in den Küchen vorbereitet wurden.

„Lebendige Steine"
Am Vormittag des 21. Oktobers war es dann soweit: Als Pfarrer Bodner gleichzeitig mit den Teilnehmern des Bittganges von St. Veit eintraf, war bereits eine große Menschenmenge auf dem Vorplatz der Kapelle versammelt. Ein ähnlich großes Fest gab es in Zotten nur 1909 bei der Einweihung des Denkmals für die Freiheitskämpfer oder beim Besuch Erzherzog Eugens im Jahr 1936. Rund 250 Personen aus nah und fern – darunter auch Gäste aus Salzburg, Wien, Niederösterreich und sogar Bayern – hatten sich eingefunden, um diesem einzigartigen Fest beizuwohnen. Um 10 Uhr begann die hl. Messe, musikalisch umrahmt vom Schlaitener VierXang, die kurzfristig die erkrankten Öberster-Mandervertraten. Gleich zu Beginn fand der eigentliche Akt der Neusegnung statt, um der Kapelle gleichsam ihre alte Würde und Aufgabe zurückzugeben.

Pfarrer Bodner, der von Bischof Manfred Scheuer mit der Neusegnung beauftragt worden war, hatte für die Feier der Messe spezielle Texte ausgewählt, die auf das biblische „Haus des Herrn“ (also ursprünglich den Tempels in Jerusalem) Bezug nahm. In seiner Predigt hob Pfarrer Bodner die Leistungen der Vereinsobfrau Ottilie Stemberger hervor und sprach die Hoffnung aus, dass die Kapelle Mariä Heimsuchung kein Museum werde, sondern von den Gläubigen, also den „lebendigen Steinen“, besucht werde, um hier Kraft und Trost zu finden. Dank technischer Unterstützung konnte der Gottesdienst auch im Freien mitverfolgt werden, fasst doch das Kirchlein selbst gerade einmal 60 Personen.

Der Festakt
Nach der Messe sprach Bürgermeister Vitus Grußworte. Im Anschluss daran gab der Schriftführer des Vereins Michael Huber einen kurzen geschichtlichen Überblick über die Baugeschichte des Kirchleins, ehe Restaurator Markus Pescoller aus Bruneck sachkundige Erläuterungen zu den freigelegten Malereien, ausgeführt in Aquarell- und Freskentechnik, von sich gab. Meister Pescoller schien sichtlich stolz darauf zu sein, dass der Bildhauer August Valentin, der Schöpfer des Altars und der Statuen, Lehrer seines Urgroßvaters war. (Pescoller selbst stammt aus einer uralten Südtiroler Maler- und Restauratorendynastie.) Den krönenden Abschluss bildete ein sehr persönlicher und emotional gehaltener Restaurierungsbericht der Obfrau Ottilie Stemberger unter dem Titel „Von der ‚Ruine’ wieder zum Kleinod“. Man konnte spüren, wie sehr dieses Kirchlein Ottilie ans Herz gewachsen ist!

Eine Madonna für die Obfrau
Nachdem die Obfrau am Schluss ihrer Ausführungen unzähligen Personen und Institutionen den Dank für die großzügige Hilfe aussprechen durfte, sollte auch für sie der Dank nicht fehlen: Der St. Veiter Bildschnitzer Thomas Veiter hatte eigens eine verkleinerte Kopie des Gnadenbildes angefertigt, das Ottilie unter großem Beifall überreicht wurde. Apropos Gnadenbild: Es handelt sich bei der Zottener Maria um eine sehr freie Kopie der Altöttinger schwarzen Madonna. Dass die Kapelle vor rund 200 Jahren gerade ihr geweiht worden war, könnte auf ein Gelübde des Stifters, des damaligen Zottenwirts Franz Grall zurückgehen; das bleibt allerdings spekulativ. Jedenfalls gibt es im süddeutschen Sprachraum mehrere Kopien nicht nur des Öttinger Gnadenbildes, sondern der ganzen Kapelle von Altötting – das schönste Beispiel steht übrigens in Innichen! Der Begriff „schwarze Madonna“ geht auf die zahlreichen schwarzen Marienbilder (z. B. in Tschenstochau oder Loretto) zurück, deren Ursprung aber bis heute nicht restlos geklärt ist. Die schwarze Farbe der Statuen geht jedenfalls nicht auf Kerzenruß zurück, wie man heute weiß, sondern möglicherweise auf eine Stelle im alttestamentlichen Hohelied (Kapitel 1, Vers 5): Hier wird die Braut als „schwarz und schön“ bezeichnet. Dieser Vers wurde dann in der christlichen Theologie auf Maria bezogen. Seit dem Mittelalter rankt sich so manche Legende um die schwarzen Madonnen.

Turmkreuz und Krapfenstraße
Den Abschluss der liturgischen Handlung bildete die Segnung des Turmkreuzes, das unmittelbar darauf vom Kirchturmexperten und -dachdecker Walter Perfler angebracht wurde, nicht ohne zuvor eine Urkunde sowie einige Münzen und Geldscheine in der Kugel des Türmchens verwahrt zu haben. Die Sonne, die inzwischen ihre milden Herbststrahlen auch nach Zotten lenkte, bildete den wunderbaren Rahmen für den nun beginnenden „Kirchtag“. In einem Zelt (das ungefähr an der Stelle der einstigen Veranda des Zottenwirtes errichtet war) konnten die Gäste Platz nehmen und sich bei Gulaschsuppe, Würsteln und unzähligen Kuchen, Torten und Krapfenvariationen stärken. Bis zum letzten Sonnenstrahl um ca. 17 Uhr saß man in froher Runde beisammen und freute sich über das gelungene Werk.

Michael Huber, Schriftführer des Vereins „Retten wir das Zottenkirchl

Hier einige Bilder der Neusegnung!